„Wir müssen erfinderisch sein, um alle mitzunehmen und kreative Lösungen für die Zukunft finden.“ (Julian Altmann)
Mit diesem Satz beschreibt der Freiraumplaner Julian Altmann die Quintessenz seiner Masterarbeit zum Thema „Transformation eines städtischen Zentrums“. Im Rahmen der Arbeit hat er sich intensiv mit der Frage auseinandergesetzt, mit welchen Mitteln die Freiraumplanung im städtischen Kontext agieren kann, um die vom Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderung (WBGU) geforderte Große Transformation zu unterstützen.
Julian Altmann setzt in seiner Arbeit an dieser angestrebten Transformation an und verknüpft sie mit dem Lebensraum „Stadt“ und mit der sich daraus ergebenden notwendigen Verknüpfung von sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Komponenten, die auch in der Freiraumplanung zukünftig integriert behandelt werden sollten. Das Zusammendenken vieler guter Konzepte in den einzelnen Bereichen und der realen Umsetzung vor Ort ist die Zukunftskunst in der Freiraumplanung.
In urbanen Lebensräumen wurden die ökologische Infrastrukturen auf der einen und die soziale Komponenten auf der anderen Seite in den letzten Jahrzehnten in der Regel getrennt voneinander betrachtet. Zertifizierungssysteme für Planungen des öffentlichen Raumes (z.B. „Bewertungssystem nachhaltiges Bauen“ (BNB), LEED, BREAM, DGNB) fokussieren vor allem ökologische Komponenten, während die soziale Qualifizierung von Räumen meist deutlich zu kurz kommt. Laut Altmann lässt sich das vor allem auf die Schwierigkeit den Erfolg von sozialer Qualifizierung zu messen und zu bewerten zurückführen. Einige gute Konzepte, die sich der notwendigen Verknüpfung sozialer und infrastruktureller Komponenten in der Freiraumplanung stellen, existieren aber bereits. So zum Beispiel der Ansatz, des performativen Entwerfens von Constanze A. Petrow und Leonard Grosch, die den Raum nicht von seinem späteren Erscheinungsbild sondern von den dort stattfinden Aktivitäten, denken. Nach Petrow und Grosch wird der Raum also entsprechend seiner vielfältigen Nutzungen als Rahmen für diese Aktionen und Interaktionen geplant.
Diese innovativen Konzepte und vor allem deren Umsetzung sind in der Freiraumplanung jedoch nicht die Regel. Der dänische Architekt Jan Gehl, der mit seinem Konzept „Städte für Menschen“ international als Koryphäe im Städtebau angesehen wird, rückt ähnlich wie Petrow und Grosch den Mensch in den Mittelpunkt der Planung. Er ist mit Projekten in urbanen Räumen auf der ganzen Welt vor allem deswegen so gefragt, weil seine integrierte Herangehensweise auch nach Jahrzenten noch als innovativ und modern gilt.
Um so zu planen, braucht es vor allem Beteiligung, die laut Altmann kanalisiert und mit planerischer und architektonischer Expertise angereichert werden muss. Außerdem hält er es im Hinblick auf die soziale Komponente auch für extrem wichtig, die wenig gesehenen und schwächeren Gesellschaftsmitglieder, wie Obdachlosen, Menschen mit Fluchterfahrung oder Menschen mit besonderen Bedürfnissen, mitzudenken und ihre Stimmen trotz bestehender Hindernisse und Barrieren aufzunehmen.
Die Zukunftskunst in der Freiraumplanung nach Julian Altmann beschreibt also die Betrachtung und Umsetzung von sozialer und ökologischer Qualifizierung in der Planung und gleichzeitig, die notwendige Kreativität und den Erfindergeist, um Lösungen für die Zukunft zu finden. Der Begriff ist angelehnt an die Zukunftskunst nach Uwe Schneidewind, der in seinem Buch „Die Große Transformation“ insgesamt sieben Wenden (z.B. Ernährungswende, Mobilitätswende) beschreibt, die gemeinsam zum Wandel der Gesellschaft führen.
Besonders spannend ist auch für unser Forschungsprojekt, dass das Teilen von Raum und die gemeinsame Raumnutzung auch für die Zukunftskunst in der Freiraumplanung eine wichtige Rolle spielt. Gerade im urbanen öffentlichen Raum spielen Aneignung, Teilen und Multifunktionalität des Raumes eine sehr große Rolle, wenngleich Altmann es für utopisch hält, Freiräume schaffen zu können, an denen sich alle Menschen gleichermaßen wohlfühlen. Junges, kreatives Klientel hat beispielsweise ein anderes Empfinden für Ästhetik und versteht etwas anderes unter einem schönen Ort, als ältere, gut situierte Menschen oder auch Kinder. Vielmehr müssen die Menschen, die sich einen bestimmten Ort in Zukunft teilen, zum Beispiel den Park im Quartier oder auch die Grünfläche am Bahnhof, von Anfang an mitgedacht werden und im besten Fall von Beginn an in den Planungsprozess einbezogen werden. In diesem Kontext ist auch das Thema „Selbermachen“ eine wichtige Rolle:
„Die besten Räume sind Räume, die mit den Menschen vor Ort gemeinsam erschaffen wurden.“
Es geht in der Zukunftskunst der Freiraumplanung also nicht nur um die Beteiligung der Menschen, sondern um das gemeinsame Selbermachen von Räumen. Denn wenn die Menschen den Raum nach ihren eigenen Bedürfnissen gestalten, entsteht auch eine hohe Identifikation. Diese Räume sind es, die laut Altmann nachhaltig funktionieren und die wir als ästhetische und angenehme Orte wahrnehmen.