Gutes, gesundes und sozial- und klimaverträgliches Essen spielt in vielen Städten und Gemeinden in Deutschland, Europa und anderen Regionen der Welt eine immer größere Rolle. Es bilden sich Ernährungsräte und andere Initiativen, die die Entwicklungen positiv beeinflussen möchten. Neben Essen und Bochum haben sich im Ruhrgebiet nun auch Dortmunder Bürger:innen zusammengeschlossen, um einen Ernährungsrat zu gründen und so die kommunale Ernährungspolitik und lokale Ausgestaltung von Entwicklungen rund um Lebensmittel und Ernährung mitzugestalten.
Ein wichtiges Thema im Bereich der guten und nachhaltigen Ernährung ist die Außer-Haus-Verpflegung, insbesondere in Kindertagesstätten, Schulen und anderen Bildungseinrichtungen. Eng mit Themen wie gesunder Ernährung, guten Lebensmitteln und Ernährungsbildung bietet die nachhaltige Gestaltung von Kita- und Schulessen die Möglichkeit, junge Menschen frühzeitig über Zusammenhänge zu informieren und sie aktiv in Veränderungen und zukunftsweisende Entwicklungen in ihrem direkten Lebensumfeld einzubeziehen.
Gemeinsam mit dem Dortmunder Ernährungsrat möchten wir als Verein die Urbanisten e.V. im Rahmen des interdisziplinären Forschungsprojektes „LUZI – Labor für urbane Zukunftsfragen und Innovation“ herausfinden, wie man die Ernährung in Kitas gesünder, nachhaltiger und umweltverträglicher gestalten kann. Ein Schritt in diese Richtung war die Online-Umfrage von Dortmunder Kitas, um Anknüpfungspunkte an denen eine gesunde, sozial- und klimaverträgliche Versorgung zu finden und um Bedarfe, Knackpunkte und Schwierigkeiten auf dem Weg dorthin zu identifizieren. Im Folgenden werden die Ergebnisse der Erhebung präsentiert.
Methodik
Die Forschungsmethode ist eine quantitative Umfrage auf Basis eines standardisierten Online-Fragebogens. Die Vorteile einer quantitativen Befragung liegen darin, dass bei vielen Teilnehmenden quantifizierbare Ergebnisse und statistische Zusammenhänge erzeugt werden können. Der Anspruch ist daher, möglichst viele Kitas mit dem Fragebogen zu erreichen. Nachteil einer quantitativen Umfrage ist, dass Aspekte, die nicht dezidiert abgefragt werden, nicht erfasst werden können. Eine offene Abschlussfrage versucht diesen Nachteil zu minimieren.
Die Kontaktaufnahme und Versendung des Fragebogens geschah bei Vereinen und Initiativen durch persönliche E-Mails an die Kita-Leitungen und Vorstände. Außerdem wurden alle städtischen Kitas aus Dortmund angeschrieben sowie persönlicher Kontakt zu Kitas aufgebaut, die in den Trägerschaften von AWO, Caritas, DRK, Johanniter, Lebenshilfe und Fabido stehen.
Die Kontaktaufnahme der Kitas geschah in zwei Phasen. Nachdem Ende Mai 2020 alle Kitas einmal angeschrieben wurden, nahmen bis Anfang Juli wegen der Corona-Pandemie nur 12 Kitas an der Umfrage teil. Deshalb wurde Mitte Juli noch ein zweites Mal per Mail Kontakt zu allen Kitas aufgenommen und um Teilnahme an der Online-Umfrage gebeten.
Wer hat mitgemacht? In welcher Beziehung stehen die Teilnehmenden zur Kita?
Insgesamt haben 33 Kindertagesstätten an der Umfrage teilgenommen, wobei 24 Kitas den Fragebogen bis zum Ende beantwortet haben. Da nicht alle Teilnehmenden immer vollständige Antworten gegeben haben, ergeben sich unterschiedliche n-Werte bei jeder Frage. Der Wert n gibt an, wie viele Teilnehmende die jeweilige Frage beantwortet haben.
Die Umfrage wurde an Kitas freier Trägerschaften, Elterninitiativen, Vereinen, Städtische Kitas und Kitas verbindlicher Träger geschickt. Von den 61 Dortmunder Kitas in freier Trägerschaft, Elterninitiativen und Vereinen haben 26 Kitas teilgenommen, was eine Beteiligung von 42% ergibt. Eine deutlich geringere Beteiligung von nur 6% gab es bei den 109 städtischen Kitas, die angefragt wurden. Von den 6 städtischen Kitas haben nur zwei den Fragebogen bis zum Ende beantwortet, was einen Vergleich zwischen den Trägerschaften erschwert und die Repräsentativität der Ergebnisse städtischer Kitas erheblich mindert.
Der Fragebogen wurde hauptsächlich von Kita-Leitungen ausgefüllt. Im Großteil der Kitas essen zwischen 50 und 75 Kinder zu Mittag. In insgsamt 9 Kitas essen mehr als 75 Kinder ihr Mittagessen in der Einrichtung, 2 davon sind städtische Kitas. Der Durchschnitt aller teilnehmenden Kitas liegt bei 65 Kindern, die in der Kita zu Mittag essen.
Auswertung
Wie sieht die Verpflegungssituation in Dortmunder Kitas aus?
Das Mittagessen wird größtenteils von Cateringunternehmen zubereitet. Fast genauso oft gaben die Befragten an, dass ein kitaeigener Koch oder eine Köchin das Essen zubereitet, wobei diese Antwort nur auf Elterninitiativen, freie Trägerschaften und Vereine zutrifft. Die städtischen Kitas werden von Cateringunternehmen oder einer Hauswirtschaftsküche bekocht. Einige Kitas werden von Caterern bekocht und bekommen das Essen fertig (teilweise schockgefrostet) geliefert. Eine Kita gab an, dass das gefrorene Essen vom Cateringunternehmen dann täglich erwärmt und manchmal durch frischen Salat ergänzt wird.
Was es mittags zu Essen gibt, wird in vielen Kitas von mehreren Menschen bestimmt. Hauptsächlich entscheiden Kita-Leitungen und Erzieher:innen. Kinder werden in 12 von 29 Elterninitivativen mit in die Essensplanung einbezogen. Städtische Kitas gaben nur die Beteiligung von Cateringunternehmen und Hauswirtschaftler:innen am Essensplan an. Eltern spielen bei der Planung des Speiseplans in allen Kitas eine sehr geringe Rolle.
Die Kosten für ein Mittagessen belaufen sich beim Großteil zwischen 2 und 4€. Nur zwei Kitas gaben Preise über 4€ und eine Kita unter 2€ an. Durchschnittlich beträgt der Mittagessenspreis 2,91€.
Da ab hier nur noch eine bis zwei städtische Kitas an der Umfrage teilnahmen, werden nun nur die Ergebisse freier Trägerschaften, Elterninitiativen und Vereinen betrachtet.
Welche Rolle spielen Faktoren der gesunden und nachhaltigen Ernährung bei der Verpflegung der Kinder?
Die Produktauswahl für das Mittagessen belaufen sich im Durchschnitt auf 46,1% Lebensmittel aus biologischer Landwirdschaft. Anzunehmen ist hier, dass dieses Ergebnis auf die ausschließliche Betrachtung von freien Trägerschaften, Elterninitiativen und Vereinen zurückzuführen ist. Nicht dargestellt im Diagramm sind die Antworten zweier Kitas in städtischer Verwaltung, die den Konsum von Biolebensmitteln beide auf 20% schätzten. Kitas freier Trägerschaft gaben durchschnittlich an, 40,7% Lebensmittel aus fairem Handel zu nutzen. Während vegetarische Gerichte mit fast 70% einen sehr hohen Stellenwert haben, hat der Gebrauch von Lebensmitteln direkt vom Produktionsbetrieb mit nur 25,8% durchschnittlich einen geringen Einfluss. Auffällig ist diesbezüglich, dass die meisten Kitas (15 von 22) mit Angaben weniger als 10%, fast gar keinen Wert auf Lebensmittel direkt vom Produktionsbetrieb legen.
Rund um das Thema Ernährung spielen in allen teilnehmenden Kitas die Themen Reduzierung von Lebensmittelverschwendung, kindgerechtes „leckeres“ Essen und Abwechslung im Speiseplan eine große bis sehr große Rolle. Überwiegend als wichtig bis sehr wichtig wird auch die Ernährungsbildung der Kinder betrachtet, z.B. durch Wissensvermittlung über die Lebensmittel und deren Herkunft. Beim Thema Mitbestimmung von Eltern und Kindern variieren die Meinungen. Grundsätzlich ist den Kitas die Miteinbeziehung der Kinder deutlich wichtiger als die der Eltern. Dennoch betrachten 3 Kitas die Mitbestimmungsmöglichkeit der Kinder als eher unwichtig und eine als unwichtig. Die Mitbestimmung der Eltern im Thema Ernährung sieht der größte Teil der Kitas (11 von 25) als eher unwichtig an.
Welchen Handlungsbedarf sehen Kitas, Eltern und Kinder?
Für den Großteil der Eltern scheinen Themen wie die Sozialverträglichkeit und fair gehandelte Lebensmittel sowie die Reduzierung von Lebensmittelverschwendung eher wenig relevant zu sein. Am meisten wird von Seiten der Eltern das Thema gesunde Ernährung angesprochen. Für einige Eltern sind Ernährungsbildung, Bio-Qualität unf Saisonalität von Wichtigkeit, wobei der Großteil der Eltern diese Themen nie oder nur selten anspricht. Ebenso scheint günstiges Mittagessen nur für wenige Eltern ein Thema zu sein.
Die Rückmeldungen der Kinder zum Mittagessen ist bei den Teilnehmenden überwiegend positiv. Besonders gut werden Angebote angenommen, bei denen die Kinder mithelfen können, das Essen zuzubereiten, oder sogar im kitaeigenen Garten Gemüse angebaut und weiterverarbeitet wird. Gemüse wird am liebsten in Form von Rohkost angenommen.
Optminierungsansätze werden vom Großteil der Kitas vor allem in den Bereichen Gesunde Ernährung, Ernährungsbildung und nachhaltige Ernährung als äußerst sinnvoll angesehen. Preiswerteres Mittagessen anzubieten, empfinden dahingegen nur die Hälfte der teilnehmenden Kitas als sehr sinnvoll. Ebenso von einigen Kitas als sehr oder äußerst sinnvoll betrachtet, wird die Unterstützung durch Institutionen und die Fortbildung von Erzieher:innen. Letzteres bestärkt die Aussage einer Kita, die sich Schulungsmöglichkeiten für das Personal wünscht, da die Küchenkräfte ungelernt sind und lediglich durch die Kita-Leitung angelernt werden.
Einige Kitas zeigen bereits großes Engagement im Thema Ernährung: Beipielsweise durch die Gründung eines Arbeitskreises, der gemeinsam mit der Verbraucherzentrale Dortmund versucht, verbindliche Qualitätsstandards für Kita-Essen zu erstellen. Eine andere Kita äußert den Wunsch, in allen Kitas ausschließlich vegetarische Kost anzubieten, um einer generellen Reduzierung des Fleischkonsums beizutragen.
Fazit
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass der Fragebogen einige Defizite und Wünsche hinsichtlich der derzeitigen Ernährungssituation in Dortmunder Kitas aufzeigt. Leider sind die Ergenisse nicht repräsentativ, da größtenteils Kitas freier Trägerschaften, Elterninitiativen und Vereine mitgemacht haben, obwohl deutlich mehr städtische Kitas angefragt wurden. Von den wenigen Kitas städtischer Trägerschaft, hat nicht einmal die Hälfte alle Fragen des Fragebogens beantwortet. Dies lässt entweder auf mangelndes Interesse, Zeit oder Bereitschaft seitens der Verantwortlichen schließen. Grundsätzlich lässt sich vermuten, dass die Ergebnisse anders ausgefallen wären, hätten mehr städtische Kitas teilgenommen.
Hinsichtlich der Kosten für das Mittagessen, dessen Durchschnittspreis bei 2,91€ liegt, scheint es wenige bis keine Beschwerden seitens der Eltern zu geben. Die Tatsache, dass durchschnittlich 65 Kinder in den Einrichtungen zu Mittag essen, lässt auf eine große Notwendigkeit und Nachfrage der Eltern schließen, das Kind über Mittag durch die Kita verpflegen zu lassen. Umso wichtiger ist es, eine gute und gesunde Ernährung durch die Kitas zu gewährleisten. Da der Großteil der Kitas durch eigene Köche und Köchinnen sowie Cateringunternehmen bekocht werden, ist auch auf deren Qualitätsstandards und Weiterbildung zu achten.
Kinder scheinen grundsätzlich zufrieden mit dem Mittagessen zu sein. Laut einigen Kitas, freuen sich die Kinder besonders darüber, beim Mittagessen mithelfen oder sogar Gemüse anpflanzen zu können. Dies scheint bei sehr vielen Kitas nicht der Standard zu sein, insbesondere durch das Beliefern von Caterern. Wird eine Kita von einem Cateringunternehmen beliefert, kann über zusätzliche Angebote für Kinder nachgedacht werden, in denen sie in den Koch- oder Anbauprozess von Gemüse miteinbezogen werden.
Was auf den Tisch kommt, wird hauptsächlich von Erzieher:innen und Kita-Leitungen entschieden. Teilweise wird auch Wert auf das Urteil und die Ideen der Kinder gelegt. Vegetarische Kost scheint in vielen Kitas schon Standard zu sein, während der Gebrauch von Lebensmitteln direkt vom Produktionsbetrieb sehr gering ausfällt. Das Interesse an und der Einsatz von biologischen und fairen Produkten ist in den Kitas sehr unterschiedlich, jedoch mit durchschnittlichen Werten von 40 – 50% noch ausbaubar. Dies ist sicherlich mehr eine Preisfrage als eine Frage des Interesses.
Von Seiten der Eltern ist grundsätzlich festzustellen, dass die Kita-Leitungen in vielen Aspekten nur selten bis nie angesprochen werden. Dem kann Zufriedenheit oder mangelndes Interesse seitens der Eltern zugrunde liegen. Eltern sind laut Aussagen der Kita-Leitungen hauptsächlich an gesunder Ernährung und teilweise Bio-Essen interessiert.
Das wichtigste Thema von Seiten der Kita-Leitung ist die Bereitstellung von leckerem, kindgerechtem und abwechslungsreichem Essen. Handlungsbedarfe sehen die Kita-Leitungen hauptsächlich im Bereich gersunde Ernährung. Auch die Ernährungsbildung und der Aspekt der Nachhaltigkeit, besonders die Reduzierung von Lebensmittelverschwenfung, kann in den Augen der Kitas noch deutlich optimiert werden. Das Miteinbeziehen der Eltern ist in vielen Punkten nicht von höchster Priorität. Ebenso werden auch Kooperationen mit anderen Kitas nicht als vorrangig optimierungsbedürftig gesehen. Kitas, die von ungelerntem Personal bekocht werden, wünschen sich mehr Bildungsangebote und Schulungen für das zuständige Personal.