offene Werkstätten selbermachen

Orte des Selbermachens verbinden in vielfältiger Weise soziale und technische Innovation. Die Ausrichtung dieser Orte reicht vom traditionellen Handwerk, über Selbsthilfewerkstätten bis hin zu hochtechnisierten Makerspaces, spezialisiert auf computergesteuerte Fertigungsverfahren und digitale Technologien. Auch die Größe und Ausstattung dieser Orte ist äußerst heterogen. Sie alle eint jedoch die Idee, Maschinen und Werkzeuge, Technik und Infrastruktur aber auch Wissen und Fähigkeiten untereinander zu teilen.

Im Forschungsverbund LUZI betreiben das Fraunhofer-UMSICHT und die Urbanisten e.V. jeweils einen solchen Ort. Bei der DEZENTRALE des Fraunhofer-UMSICHT liegt der Schwerpunkt im FabLab-Bereich auf digitaler Fertigung und der Verarbeitung von Biomaterial. Die Urbanisten-Manufaktur hingegen ist als Offene Werkstatt auf den Werkstoff Holz spezialisiert. Beide Orte bieten Raum und Infrastruktur zum Selberbauen, Experimentieren, Reparieren und zum kollaborativen Arbeiten an neuen Ideen.

Im Rahmen des LUZI-Projekts wurde die Vernetzung mit weiteren Orten des Selbermachens angestrebt. In Deutschland gibt es geschätzt 600 dieser selbstorganisierten Orte des Selbermachens, wovon knapp 400 auf der Plattform des Verbund Offener Werkstätten e.V. (www.offene-werkstaetten.org) verzeichnet sind. Schon in den ersten Gesprächen zeigte sich schnell, dass es trotz der unterschiedlichen Ausrichtung auch ähnliche Herausforderungen gibt.

Sowohl bei der Gründung als auch im laufenden Betrieb müssen sich die Betreiber:innen dieser Orte mit Themen wie Finanzierungskonzepten und Betriebsmodellen aber auch allgemein mit Projektmanagement und dem Aufbau funktionierender Organisationsstrukturen auseinandersetzen. Diese Themen wurde auch in der von den Urbanisten veranstalteten Talkrunde im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Trash up meets LUZI“ umfangreich diskutiert. Viele Orte des Selbermachens werden in hohem Maße von ehrenamtlichem Engagement getragen. Die Fluktuation von freiwilligen Helfer*innen mit ganz unterschiedlichen individuellen Zeitbudgets erschwert den Prozess des Aufbaus von internen Strukturen. Auch ist die Zusammensetzung von Menschen mit verschiedenen Fähigkeiten und Spezialwissen in einer Gruppe oft dem Zufall überlassen, da nicht wie in einem Unternehmen gezielt nach Spezialisten gesucht wird, sondern die Bereitschaft für Engagement im Vordergrund steht.

Entwicklung eines Handbuchs und Weiterbildungsprogramm für Offenen Werkstätten

Der kleinste gemeinsame Nenner von Orten des Selbermachens ist es, dass dort Menschen mit unterschiedlichen sozialen und kulturellen Hintergründen befähigt werden, ihre Ideen zu realisieren, Mitstreiter*innen zu finden und den Umgang mit Werkzeugen, Maschinen, Geräten und Werkstoffen zu erlernen. Anleitende vermitteln dieses Wissen an Interessierte und müssen sich die entsprechenden Inhalte bisher meist im Selbststudium beibringen. Für erfolgreiche und effiziente Wissensvermittlung bedarf jedoch nicht nur Wissen, sondern auch Kennnisse über den wichtigen Aspekt der Vermittlung. Hier können standardisierte Einweisungs- und Praxishilfen, Unterrichtskonzepte und pädagogische Leitfäden helfen.

Mit Beginn der Reallaborphase nahmen die Urbanisten im Januar 2020 Kontakt zum Verbund der Offenen Werkstätten auf, um gemeinsam mit der Dezentrale ein Regionaltreffen von Offenen Werkstätten aus dem Ruhrgebiet zu organisieren. Im informellen Austausch wurden mögliche Themenfelder sondiert und Kernelemente für das Regionaltreffen besprochen. Durch die Corona-Pandemie konnte das Regionaltreffen leider nicht stattfinden.

Mit einer Förderung durch die Anstiftung startete im Juni 2021 das Projekt CoWiki 2.0 in Kooperation mit dem Verbund Offener Werkstätten. Auf Basis einer ersten Materialsammlung des Verbundes Offener Werkstätten (VOW_CoWiki), soll nun gemeinsam mit  dem Netzwerk für das Netzwerk des VOW e.V. ein wachsendes Handbuch und Weiterbildungsprogramms, für Betreiber*innen, Einweiser*innen und Nutzer*innen Offener Werkstätten entwickelt werden. Damit sollen verlässliche Standards und geeignete Handreichungen langfristig geschaffen werden, die als modular anpassbare Lehr- und Lernmaterialien für unterschiedliche Gewerke und Bereiche nutzbar sind, und als Open-Educational-Ressources zur Verfügung gestellt werden.

Entwicklung eines digitalen Zugangs- und Berechtigungssystems für Offene Werkstätten 

Eine weitere Herausforderung, die in Gesprächen mit Betreiber:innen von Orten des Selbermachens genannt wurde, stellt die Organisation von Berechtigungen zur Nutzung von Räumen und Maschinen dar. Teure Maschinen wie 3D-Drucker oder Maschinen mit Sicherheitsrisiken dürfen nur nach einer umfassenden Einweisung benutzt werden. Je größer der Kreis an Nutzer:innen und die Ausstattung an Technik und Werkzeugen ist, desto komplizierter wird es diese Berechtigungen festzuhalten. Um den Weiterbestand unabhängig von Förderungen zu sichern sind manche Orte des Selbermachens  auf Nutzungsgebühren angewiesen, oder müssen zumindest die Kosten für verbrauchtes Material von den Nutzer:innen einnehmen.

Im Rahmen der Vernetzung mit anderen Orten und dem Verbund Offener Werkstätten wurden die Urbanisten auf das Projekt „FabAcces“ aufmerksam, in welchem sich einige Offene Werkstätten zusammen mit dem Choas-Computer-Club engagieren. FabAccess soll ein Verwaltungssystem für FabLabs, Makerspaces und Hackerspaces werden, welches den Zugriff auf Maschinen verwaltet, um so Unfälle durch unerlaubte Bedienung zu vermeiden, und einen Überblick über User und ihre Berechtigungen zu behalten. Auch ein System für Nutzungsgebühren und Abrechnung von Verbrauchsmaterialien soll entwickelt und in dies Software integriert werden. In Zukunft ist geplant, die Urbanisten-Manufaktur als eine Pilot-Werkstatt zur Erprobung der Software in der alltäglichen Praxis zu nutzen.